Die Konstituierungsphase

Die Entwicklung nach dem Ende der Verfolgungen

Ab dem vierten Jahrhundert, als sich die Kirche in Rom nicht mehr durch Verfolgungen bedroht sah, und in wachsendem Maße über die entsprechenden Mitteln verfügte, entstanden diestadtrömischen Kirchen, die von Anbeginn an explizit als basilikale Kirchenbauten angelegt wurden. Im Gegensatz zu den christlichen Kultzentren der Friedhöfe und Katakomben und denTituli, erhielten diestadtrömischen Kirchen von Anbeginn mit der Verleihung ihrer Weihe auch gleich ihre Patrozinien. In dieser, aber auch in vielerlei anderer Hinsicht, markierte das vierte Jahrhundert für die römischen Gemeinde, aber auch für das gesamte Christentum, eine Zeitenwende. Es war dies das Jahrhundert in dem die Verfolgungen nun weitestgehend beendet wurden, die christliche Religion zumindest den rechtlichen Status der religio tolerata einnahm und Kaiser Konstantin sich für die Entwicklung der römischen Gemeinde nachdrücklich einsetzte.

Letzteres erfolgte u.a. in Gestalt enormer Bauvorhaben die durch den kaiserlichen Hof initiiert, finanziert und durchgeführt wurden. Nur so war es möglich an den Gräbern der Apostelfürsten Petrus und Paulus, und der Märtyrerheiligen Agnes, Sebastian und Laurentius riesige Memorial- und Zömeterialbasiliken zu errichten. Diese waren sogenannte coemeteria subteglata, also überdachte Friedhöfe und dienten neben der Würdigung der Märtyrer, der Bestattung der Gläubigen in der als heilsspendend empfundenen Nähe zu den verehrten Heiligen.

Noch in diesem Jahrhundert erwarben die Basiliken aber auch gemeindekirchliche Funktionen, was sie in zunehmendem Maße aus ihrer rein zömeterialen Funktion hob. Diese Funktionsverlagerung ist für die Frage der Entstehung bzw. Etablierung von Heiligenpatrozinien von essentieller Bedeutung, denn sie markierte eine entscheidende Verlagerung im Bereich des vollzogenen Kultus.

Da sie als Friedhöfe dienten, war der in ihnen geübte Kult dem Ursprung nach der Totenkult. So waren sie nicht nur eng mit der Entwicklung des Heiligenkultes verbunden, sondern durch die Einbeziehung in die gemeindekirchlichen Funktionen wurden sie überhaupt erst zu Kirchen und konnten nun Patrozinien entwickeln.

Die Verchristlichung der Stadt

Aber auch innerhalb der Stadt selbst wurden nun die Veränderungen sichtbar. Die stadtrömischen Kirchen die ab dem 4. Jahrhundert entstanden, waren die ersten eindeutig als Kirchen erkennbaren christlichen Gotteshäuser in der Stadt. Und auch die alten Gemeindezentren, die Tituli, wurden nun sukzessive durch neue basilikale Kirchenbauten abgelöst.

Ganz allgemein ist nun von einer langsam Verchristlichung des Stadtbildes auszugehen die auch anhand der Pläne der Konstituierungsphase deutlich wird. Der Raum außerhalb der Stadt, das suburbikarische Umland, war während des 5. und 6. Jahrhunderts durch die blutigen Goten- und Vandalenkriege erheblichen Beschränkungen und Gefährdungen unterworfen die auch zu einem Niedergang des Pilgerwesens führten. Dies betraf auch die Nutzung und Erhaltung der zömeterialen Heiligtümer und die damit einhergehende Etablierung von Patrozinien.

Viele, insbesonders kleinere zömeteriale Heiligtümer, befanden sich über viele Jahrzehnte in einem desolaten Zustand, der häufig die Nutzung derselben ausschloß. Erst während des 7. Jahrhunderts wurde zum erstenmal seit nahezu zweihundert Jahren das Umland der Stadt wieder dauerhaft zugänglich. Nun begann man unter großen Mühen, die Gräber der Märtyrer zu suchen und die Reliquien, noch zumeist innerhalb der Friedhöfe - also weitestgehend ohne Translationen vornehmen zu müssen -, im Rahmen von Kirchen- und Kapellenneubauten den Gläubigen zugänglich zu machen. Denn eine Folge dieser vergleichsweise langen Phase der Ruhe war eine enorme Zunahme des Pilgerwesens.

Zum erstenmal seit langer Zeit konnten die Gläubigen weitestgehend ungehindert und ungefährdet die heilige Stadt und die Grabstätten ihrer verehrten Märtyrerheiligen aufsuchen. Es erstaunt nicht, dass gerade in dieser Zeit des 7. Jahrhunderts so viele Pilgeritinerarien wie noch nie und wohl auch nachher nie wieder entstanden. Die während des 8. Jahrhunderts erneut auftretenden Gefährdungen dieser Region durch die Langobardengefahr, führt nun endgültig zur Aufgabe der zömeterialen Heiligtümer und löste in großem Umfang Reliquientranslationen in die Kirchen der Stadt aus.

Die Konstituierungsphase
Die Pläne der Konstituierungsphase: 4.-6. Jhd.
Die Konstituierungsphase
Die Pläne der Konstituierungsphase:7./8. Jhd.
Die christliche Basilika
Die christliche Basilika
Die kleinen zömeterialen Kultzentren
Zömeteriale Kultzentren